Vorstand und Aufsichtsrat börsennotierter Aktiengesellschaften sind nach § 161 AktG verpflichtet, einmal jährlich zu erklären, dass den Empfehlungen der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden. Im letztgenannten Fall ist zu begründen, weshalb der jeweiligen Empfehlung nicht entsprochen wurde und wird.
Vorstand und Aufsichtsrat der euromicron AG haben die letzte Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG am 28. März 2019 abgegeben.
Aufgrund des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der euromicron AG wurde keine weitere Entsprechungserklärung vom Vorstand und Aufsichtsrat abgegeben.
In der Zeit ab Anordnung eines vorläufigen Insolvenzeröffnungsverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft am 19. Dezember 2019 wurde aufgrund der durch das Insolvenzrecht geprägten rechtlichen Rahmenbedingungen zusätzlich von den folgenden Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex abgewichen:
Die Hauptversammlung (Ziffer 2.2)
Durchführung der jährlichen Hauptversammlung (Ziffer 2.3.1)
Die für den 09. Juni 2020 geplante ordentliche Hauptversammlung der Gesellschaft wurde aufgrund des Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft abgesagt. Eine Hauptversammlung fand nicht statt, da keine grundlegenden durch die Hauptversammlung zu fassenden Entscheidungen anstanden. Eine Hauptversammlung zur Darstellung der allgemeinen Vermögens- und Finanzlage der Gesellschaft fand ebenfalls nicht statt.
Entlastung Vorstand und Aufsichtsrat / Wahl des Aufsichtsrats / Wahl des Abschlussprüfers / Satzungsänderung (Ziffer 2.2.1)
Da für den Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Hauptversammlung der Gesellschaft stattfand, entschied die Hauptversammlung während dieses Zeitraums nicht über die Gewinnverwendung, die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie die Wahl des Aufsichtsrat oder Abschlussprüfers.
Die Hauptversammlung der Gesellschaft war während des Insolvenzverfahrens in ihrer Entscheidung über Satzungsänderungen insoweit eingeschränkt, dass diese nicht dem Zweck des Insolvenzverfahrens entgegenstehen durften. Die Hauptversammlung hatte während dieser Zeit keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft.
Jährlicher Corporate Governance Bericht (Ziffer 3.10)
Mit Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft und dem Verkauf der Tochterunternehmen ist weiter fraglich, ob die Gesellschaft fortgeführt werden kann. Wegen der entsprechenden Unsicherheit hat die Gesellschaft während des Insolvenzverfahrens keinen Corporate Governance Bericht und keine Entsprechenserklärung abgegeben.
Aufgaben und Zuständigkeiten des Vorstands (Ziffer 4.1)
Der Vorstand war während des Insolvenzverfahrens und teilweise auch schon während des Insolvenzeröffnungsverfahrens aufgrund gesetzlicher Vorschriften in seinem Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich eingeschränkt.
Aufgaben und Zuständigkeiten des Aufsichtsrats (Ziffer 5.1)
Der Aufsichtsrat war während des Insolvenzverfahrens und teilweise auch schon während des Insolvenzeröffnungsverfahrens aufgrund gesetzlicher Vorschriften in seinem Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich eingeschränkt. So hatte er beispielsweise aufgrund der Vorschrift des § 276a InsO während des Insolvenzverfahrens keinen Einfluss auf die Geschäftsführung durch den Vorstand und konnte etwa Maßnahmen der Geschäftsführung nicht von seiner Zustimmung abhängig machen.
Transparenz (Ziffer 6)
Der Vorstand der Gesellschaft war während des Insolvenzverfahrens und teilweise auch schon während des Insolvenzeröffnungsverfahrens aufgrund insolvenzrechtlicher Vorschriften in seinem Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich eingeschränkt.
Rechnungslegung (Ziffer 7.1)
Aufgrund des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft war es der Gesellschaft bislang leider nicht möglich, Finanzberichte für Zeiträume zu erstellen, die nach dem 22. Dezember 2019 begonnen haben.
Entsprechend wurden die Anteilseigner der Gesellschaft und Dritte nicht durch den Halbjahresbericht und die Zwischenmitteilungen oder Quartalsfinanzberichte informiert.
Abschlussprüfung (Ziffer 7.2)
Mit Beschluss vom 17. Februar 2020 hat das Amtsgericht Frankfurt am Main die Gesellschaft von ihrer Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichtes durch einen Abschlussprüfer gemäß § 270 Abs. 3 AktG und von der Pflicht zur Prüfung eines Konzernjahresabschlusses und Konzernlageberichtes durch einen Abschlussprüfer im Sinne des §§ 316 Abs. 2 HGB für das Rumpfgeschäftsjahr 2019 befreit.
Die voranstehende Erklärung bezieht sich für den Zeitraum ab dem 19. Dezember 2019 auf die Empfehlungen des Kodex in seiner Fassung vom 7. Februar 2017, die am 24. April 2017 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde („DCGK“).
Frankfurt am Main, 17. Juli 2020
Dr. Jan Markus Plathner
als Insolvenzverwalter über das Vermögen der euromicron AG